Wegen verschiedener privater und Geschäftsreisen ist hier im letzten Monat nicht viel passiert …
Inzwischen habe ich aber das Material zur Simulierung der verschiedenen kleinen Ketten bekommen, besonders der Kettenreling und der Schornsteinstage aus Kette. Das Material ist schwarz-oxidierter Kontantan™-Draht von 0,06 mm und 0,07 mm Durchmesser. Konstantan™ ist eine CuNi-Legierung, die über einen weiten Temperaturbereich einen konstanten Widerstand und einen geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten aufweist. Mich interessieren aber nicht diese Eigenschaften, sondern das war der dünnste schwarze Draht der zu bekommen ist. Außerdem ist er etwas reißfester als Kupferdraht.
Die Idee ist, zwei Drähte zu verdrillen so daß die ‚Steigung‘ in etwa der Länge eines Kettengliedes entspricht. Jeweils zwei dieser Drähte werden dann gegen den vorigen Schlag miteinander verdrillt. Mit dem bloßen Auge und einer 3-fach-Lupe hat das dann die Anmutung einer in sich verdrehten Kette. Das ist das Beste, was ich in diesem Maßstab machen kann.
Zeichnung einer Kettenreling (aus WAAP, 1900).
Es gibt eine Photographie, die die Details der Kettenreling um das Deckshaus herum ganz gut zeigt und es gibt daneben eine Zeichnung solcher niederlegbaren Relings in einem Lehrbuch für angehende technische Zeichner (WAAP, 1900). Darauf befindet sich ein Maßstabsbalken, so daß man die verschiedenen Dimensionen ableiten kann. Die Höhe der Stützen entspricht der in den Lithographien der WESPE-Klasse. Danach haben die Stützen eine Höhe von 85 cm, was 5,3 mm im Maßstab 1:160 entspricht. Die Kettenglieder sind etwa 60 mm (0,4 mm) lang und der Drahtdurchmesser beträgt 8 mm (0,05 mm).
Kettenreling auf dem Deckshaus der WESPE-Klasse (LAVERRENZ, 1900).
Vor Jahren schon hatte ich die Stützen gezeichnet und selbst aus 0,2 mm Ms-Blech geätzt. Der Gedanke war, zwei Stück davon zusammenzulöten, um die notwendige Dicke zu erreichen ohne das Problem der Unterätzung in meiner primitiven Ätzausrüstung zu haben. Dann habe ich aber kürzlich die von SÄMANN-Ätztechnik kommerziell erhältlichen Relingstützen gesehen und bin zum Schluß gekommen, daß da meine von der Qualität her nicht mithalten konnten. Leider waren aber zweizügigen im Maßstab 1:150 selbst für diesen Maßstab zu hoch. Aber die dreizügigen hatten die richtige Höhe, wenn der untere Ring zum Scharnier zum Umklappen erklärt würde. Mit dem Lasercutter habe ich noch kleine Scheiben als Fußplatten geschnitten.
Die Bohrlöcher für die Stützen wurden am oberen Rand mit einem runden Fräser erweitert, damit der untere Ring darin halbversenkt werden konnte. Es wäre schöner gewesen, Ätzteile für die Fußplatten zu haben …
Die Kettenstage für den Schornstein haben mir etwas Kopfschmerzen verursacht, besonders die Verbindung zum Schornstein und zum Deck. Die Kette selbst ist in der oben beschriebenen Weise aus 0,07 mm Draht hergestellt. Die Herstellung und der Einbau von Schäkeln von weniger als 1 mm Länge ist aber wohl physisch unmöglich. Deswegen habe ich auf dunkelgraues Garn zurückgegriffen. Nicht ideal, aber manchmal stößt man eben an solche physischen Grenzen.
Um bereits installierte Teile nicht zu beschädigen, arbeite ich von innen nach außen. Daher kamen die Schornsteinstage als Erste an die Reihe und dann die Reling.
Wie immer sind Nahaufnahmen schrecklich ernüchternd, aber aus einem normalen Betrachtungsabstand sieht die Reling ganz akzeptabel aus (finde ich).
Das Federn des Drahtes ist ein Problem, auch wenn es bei dem doppelt verdrillten Draht weniger ausgeprägt ist. Es ist nicht so einfach eine ordentliche Kettelinie hinzubekommen in der die Kette durchhängen sollte und dann auch noch beide Durchzüge in der gleichen Ebene. Zum Glück fallen die Abweichungen nur ins Auge, wenn man senkrecht darauf schaut. An den Stagen muß ich noch arbeiten …
Erst mal: vielen, vielen Dank für die vielen 'Knöpfchen'!
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Fortsetzung Reling …
Die Reling auf der Steuerbordseite des Deckshauses ist nun ebenfalls installiert. Dieses Mal gibt es ein Bild mit einer 1-Cent-Münze als Vergleich.
Zwischenzeitlich schlug ein Kollege in einem anderen Forum vor geflochtenen Draht anstatt des doppelt verdrillten für die Kettenimitation zu nehmen. Ich meine, ich hätte das bereits probiert, aber der damals verwendete Kupferdraht war zu weich und brach zu leicht. Ich werde es nochmal mit dem Konstantan-Draht versuchen und berichten. Auf diesem Schiff wurden Ketten für eine Menge von Dingen verwendet, wo wir heute Drahttauwerk einsetzen würden.
Mast und Rigg
Wie weiter oben angemerkt, wollte ich eigentlich bei der Installierung der Relings von innen nach außen arbeiten, um nicht bereits installierte Teile zu beschädigen. Mir ist dann aufgefallen, daß ich eigentlich schon den Mast samt Rigg hätte einbauen sollen. Es war also höchste Zeit dafür.
Die Bildnachweise für die früheste Form des Mastes sind ziemlich rar. Es gibt tatsächlich nur eine einzige Photographie, nämlich die allererste Aufnahme von SMS WESPE während der Ausrüstung. Alle anderen Photographien zeigen spätere Formen, bei denen ein Toppmast und eine Signalrah dazugekommen sind. Wann diese installiert wurden, lies sich bisher nicht ermitteln, aber vielleicht während des kleineren Umbaus, während dessen auch die Beibootracks eingebaut wurden, oder vielleicht etwas später als der gepanzerte Steuerstand samt Suchscheinwerfer hinzukamen. In dieser Form ist der Mast bereits auf dem einzigen weiteren Bild im 1878er Anstrich zu sehen.
Den Mast hatte ich schon vor einiger Zeit aus einem Stahldraht gedreht und mit der halbrunden Nagelbank versehen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich schon entsprechende Bilder gezeigt hatte.
Es scheint, daß es ein doppeltes Vorstag gab, das am Schornstein vorbei zur Vorderkante des Kesselraumoberlichtes führte. Es gibt aber keine Bilder oder Zeichnungen davon, wie die Stage dort festgesetzt wurden. Ich nehme an, daß es dort Augbolzen an den Rahmen des Oberlichtes genietet waren. Eigentlich hätte ich diese Augbolzen schon ordentlich vor der Bemalung installieren sollen, hatte das aber einfach übersehen. Mehrfach riß mir der Zug auf die Stage die Oberlichtgräting heraus. Jetzt hält nur die Klebung gegen den Zug – technisch eigentlich keine gute Lösung. Mal sehen, wie lange das hält.
Dann gibt es noch ein Paar Wanten auf jeder Seite – eigentlich eine Menge für diesen leichten Mast. Die Wanten sind auf Augbolzen zwischen den Relingstützen gesetzt, was man vage aus den Lithographien ableiten kann. Es gibt aber keine Information darüber, die die Stage und die Wanten steifgesetzt wurden. Wahrscheinlich gab es metallene Herzen bzw. Herzkauschen mit einer Bändselung dazwischen.
Ich gehe davon aus, daß das stehende Gut aus Drahttauwerk bestand. Auf einer späteren Photographie kann man so eben erkennen, daß das Tauwerk wohl auf seiner ganzen Länge bekleidet war. Um solches Tauwerk zu imitieren, sammele ich seit Jahren seidenumsponnenen Kupferdraht und -litze (wie sie früher z.B. in HF-Spulen verwendet wurden). Ich habe mir dafür eine 0,15 mm-Draht ausgesucht. Da die Seide grün war, habe ich dem Draht erst einmal eine dünne Schicht schwarzer Farbe verpaßt.
Bevor allerdings mit dem Aufriggen begonnen werden konnte, mußten zunächst noch Blöcke für Flaggleinen angebracht werden. Ich nahm an, daß dies gestroppte Doppelblöcke waren, was aber pure Spekulation auf Basis der Anzahl der in der Lithographie dargestellten Belegnägel ist. Für die Flaggleinen nahm ich aus meinem hochgehüteten Vorrat von Repassiergarn, wie es früher zum Reparieren der ‚Damen-Nylons‘ verwendet wurde – ein stark verzwirntes Zweifachgarn, das seit vielen Jahren nicht mehr hergestellt wird und besser, als die Fliegenbindegarne ist. Da es zur Darstellung von Tauwerk immer noch nicht ausreichend gedreht war, habe ich dem etwas nachgeholfen und das Garn mit einem Hauch Zaponlack in dieser Form stabilisiert.
Zu dieser Zeit hätte ein Dampfschiff ein einfaches weißes Licht am Mast führen sollen, aber die einzige Photographie ist nicht deutlich genug, um zu erkennen, ob dies tatsächlich am Mast geheißt wurde. Ich habe deswegen nur ein Fall vom Masttopp aus installiert, ohne weitere Einrichtungen, wie Führungsseile. Die Lithographie aus den frühen 1880er Jahren zeigt einen Lampengalgen vor der Kasematte, der aber auf den Photographien nicht zu sehen ist.
Herzkauschen in diesen Dimensionen herzustellen und zu installieren wäre dann doch etwas zuviel gewesen, so daß ich die Arrangements etwas vereinfacht und die Bändselung direkt durch den Augbolzen und das Auge im Stag geführt habe. Ich denke im Maßstab 1:160 ist das gut genug. Es war schon schwierig genug, das Rigg zu installieren ohne die Relings und die Schornsteinstagen zu beschädigen.
In den letzten Wochen gab es wieder nur langsame Fortschritte, einerseits wegen diverser Reisen (Italien, Deutschland, Spanien), aber auch, weil die Installation dieser Relings ein langsamer Prozeß ist, der wegen des Trocknens von Klebstoff oder Farbe immer wieder unterbrochen wird.
Ich hatte etwas Bedenken wegen der verschiedenen scharfen Ecken die die Kettenreling um das Backdeck herum nimmt – kein Problem beim Vorbild, aber die die imitierte Kette aus doppelt verdrilltem Draht stellte sich als überraschend gefügig heraus, ohne Knicke zu bekommen, die man dann eventuell nicht mehr herausbekommt.
Die Lüfter für das Manschaftslogis unter dem Vordeck wurden nun ebenfalls installiert.
Die nächste Sache dann auf der Liste werden die Ankerbojen sein, die nach den alten Photographien an der Reling in der Nähe der Ankerkräne vertäut wurden.
Apropos Ankerkräne: mir fiel erst nachdem ich die Photos gemacht hatte auf, daß ich vergessen hatte, sie wieder einzusetzen – ich hatte sie herausgenommen, damit sie beim Einfädeln der Reling nicht im Weg sind.
Wirkliche Spitzenklasse! Wo stellst Du eigentlich Deine Modelle aus (neben Modellbautreffen meine ich)? So ein wunderbar detailliertes und genaues Abbild verdient doch Publikum!
thanks for watching and reading, and stick around, the best is yet to come
Marcus ...................................................................................................................................................................................................... Success is the ability to go from failure to failure without losing your enthusiasm W. Churchill
Nirgends, die bleiben schön sicher zu Hause ... ich habe Blut und Wasser geschwitzt bis ich aus Dieburg ohne Mast- und Schotburch wieder zurück war ...