Irgendwie muß ja jemand die Miniaturisten-Flagge hochhalten. Deswegen beginne ich einen Baubericht zum Panzerkanonenboot SMS WESPE von 1876, auch wenn der Bau im Augenblick stockt und Boote keine Segel hatten. Seit dem Umzug aus den Niederlanden nach Frankreich im Sommer 2009 ist nichts mehr passiert. Sobald der Botter endgültig fertig ist, soll es aber hier ernsthaft weitergehen.
Künstlerische Darstellung von SMS WESPE aus HENK (1895) ‘Zur See’.
SMS WESPE war das erste Schiff der Kaiserlichen Marine, das von Anfang an ohne jegliche segeltragende Bemastung konzipiert wurde. Taktisch gesehen war diese Serie von zehn Panzerkanonenbooten eine gewisse Fortentwicklung der Ruderkanonenboote des späten 18. Jh. Sie stellten eine mehr oder weniger stabile Plattform für ein (über)schweres Geschütz dar und an die Seefähigkeit wurden keine allzugroßen Anforderungen gestellt, da die Boote nur im Küstenraum operieren sollten. Zu dieser Zeit war die Kaiserliche Marine vorallem defensiv ausgerichtet und man hatte dabei vorallem Frankreich im Auge, da zur Zeit Wilhelms I. und Friedrichs III. eine eher England-freundliche Politik vorherrschte. England hatte die Idee solcher Kanonenboote bereits Anfang der 1860er Jahre in das Dampfzeitalter übertragen. Armstrong suchte eine Testplattform für seine Geschütze, was zur Entwicklung der sogenannten Rendell-Gunboats führte, die in verschiedenen Varianten an viele Marinen der Welt verkauft wurden.
Lithographierte Zeichnungen von SMS WESPE im Deutschen Museum München
Es gibt einen umgezeichneten Plan für Modellbauer von Wolfgang Bohlayer, den ich aber nur als Referenz verwendet habe, da inzwischen mehr detaillierte Informationen verfügbar sind und er SMS WESPE in ihrem letzten Bauzustand gezeichnet hat. Ich habe mir aber zum Ziel gesetzt das Schiff so zu zeigen wie es wahrscheinlich kurz nach seiner Indienststellung ausgesehen hat. Leider scheint es aus der frühen Zeit nur eine einzige Photographie zu geben, die die WESPE noch bei der Ausrüstung und ohne Geschütz zeigt.
Erste Photographie von SMS WESPE (1876)
Auf dieser Photographie basieren auch fast alle künstlerischen Darstellungen. Als weitere wichtige Referenz gibt es noch im Deutschen Museum in München Lithographien mit Decksplänen und Querschnitten sowie einem Längschnitt. Diese zeigen das Schiff in einer sehr frühen Form, vor den größeren Umbauten in der Mitte der 1880er Jahre. Damals wurden zusätzlich zum der 30,5 cm-Ringkanone ein Bugtorpedorohr eingebaut und zwei 8,7 cm-Geschütze in Knicklafette kamen an Bord, wie auch zwei 3,7 cm-Revolverkanonen. Ich werde das Modell aber nur mit der RK 30,5 cm/L22 zeigen, die bis weit in das 20. Jh. das größte Kaliber in den deutschen Marinen war. Krupp verkaufte dieses Geschütz auch an andere Marinen. Im Orlogmuseet in Kopenhagen gibt es ein schönes Instruktionsmodell, das das Geschütz in einer nahezu identischen Lafettierung für die Türme des dänischen Panzerschiffs HELGOLAND zeigt.
Instruktionsmodell für die RK 30,5 cm/L22 im Orlogmuseet Kopenhagen
In dem Baubericht werde ich die bisherigen Arbeiten in loser Folge nachvollziehen und dann von weiteren Entwicklungen berichten
Ich hoffe, daß ich die hochgesteckten Erwartungen erfüllen kann ... *** Der Plan sah ein Wasserlinienmodell vor: SMS WESPE bei schönem Wetter und ruhiger See macht Langsamfahrt, während sich die Crew die Zeit mit Geschützexerzieren vertreibt. Die (inzwischen) beste Ehefrau von allen (frei nach Kishon) rümpft bei szenischen Darstellungen aber immer etwas die Nase. Unterem auch deswegen denke ich inzwischen über ein Vollrumpfmodell auf gedrehten Messingständern nach. Noch habe ich etwas Zeit diese Entscheidung vor mir her zu schieben. Ein Wasserlinienmodell hätte den Vorteil, daß der Bau recht simpel ist, da der Rumpf ab der Unterkante des Panzergürtels bis zur Oberkante nur in der Längsrichtung gekrümmt ist. Mit anderen Worten, der Rumpf besteht zunächst aus einer simplen Platte in Schiffsform.
Bearbeitung der Seiten des Rumpfkerns
Als Material habe ich feine MDF aus dem Architekturbedarf gewählt, da das Material homogen ist und sich leicht bearbeiten läßt, dabei aber scharfe Kanten behält. Die Schichten aus verschieden dicker MDF wurden mit der Dekupiersäge ausgesägt und die Kanten mit einem improvisierten Tellerschleifer bearbeitet, um sicherzustellen, daß sie genau vertikal bleiben.
Ausarbeitung der Barbetten-Rundung mit einem improvisierten Trommelschleifer
Die runden inneren Ausschnitte wurden aus dem gleichen Grund mit einem improvisierten Trommelschleifer bearbeitet. In beiden Fällen bewährte sich einmal mehr meine 30+ Jahre alte PROXXON-Standbohrmaschine.
Fräsen des Schlitzes für die Scheuerleiste
Der Handlauf des Oberdeckschanzkleides geht in die Scheuerleiste entlang der Back über und wird deswegen aus einem Stück bestehen. Dafür habe ich gleich auf der Fräsmaschine einen entsprechenden Schlitz in die Back gefräst.
Hallo Wefalck , wenn dieses Modell "nur halb so spannend in Szene " gesetzt wird wie Dein Botter-Modell dann wird es sehr schön und oder besser Gruß Frank
Die szenische Gestaltung wird, wie oben bereits angedeutet, wesentlich moderater ausfallen als beim Botter …
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In Ermangelung eines geigneten Rohres für den Barbetten-Panzer habe ich mir selber eine aus Bristol-Karton unter Zugabe von Weißleim gewickelt. Die Frontfläche wurde Plangedreht und die richtige Länge abgestochen. Die Länge stimmte zwar für die verwendeten Schichten, aber irgendwie fehlt mir 1 mm in der Höhe gemessen, wie ich später festgestellt habe. Inzwischen ist mir ein Stück passendes Plexiglasrohr untergekommen, so daß ich den Panzer vielleicht noch einmal neu mache. Dazu muß ich allerdings die inzwischen verklebten Schichten wieder auseinandernehmen.
Aus Bristol-Karton laminierter Barbetten-Panzer
Bearbeiten des Papprohres auf der Drehmaschine
Der Bristol-Karton wurde übrigens mit Porenfüller stabilisiert. Während dieser Arbeiten habe ich mir auch einen Tellerschleifer aus einer Proxxon-Oberfräse gebaut. Damit lassen sich beim Schleifen gut rechte (oder andere) Winkel einhalten.
Bearbeiten der Seitenflächen der verleimten Rumpfschichten
Da der Barbetten-Panzer nur ein Halbreis ist, wurde das Rohr halbiert und alles schön verschliffen. Das Deckshaus wurde ebenfalls aus Schichten von MDF aufgebaut und mit Ausparungen für die Oberlichter und Niedergänge versehen.
der hohe Grad an Akribie lässt wieder ein großartiges Modell erwarten - ich freue mich auf die weiteren Fortschritte und wünsche gutes Gelingen bei der Umsetzung :o)
Grüße Marcel
P.S.: Ab und zu das obligatorische Centstück auf den Fotos würde den Größenvergleich einfacher machen - vielleicht lässt sich das hier und da ja einrichten :o)
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)
nur weil er sie kennt, heißt das ja noch nicht, dass er sie sich auch vorstellen kann und sei es nur der obligatorischen Bestätigung wegen, dass das da wirklich so klein ist wie es aussieht ;o)
"Ich gibs so gut / als ichs errang / Drumb ist mir vor keim Momo bang. Wer bessers waist / und kans erweisen / Der gebs herfür: Ich will ihn preisen." (Joseph Furttenbach 1591-1667)