Vor ziemlich genau zehn Jahren habe ich mit dem Bau der Schebecke von IMAI/Ertl begonnen, eigentlich nur, um die damals für mich neue Technik des Alterns mit Ölfarben zu üben. Das war fahrlässig, später habe ich feststellen müssen, dass das Modell praktisch nicht mehr zu bekommen ist. Vor fünf Jahren habe ich mich dann mit der Herstellung von Segeln mit roten Streifen befasst. Dann war wieder Pause. Ein Grund dafür, dass die Schebecke so lange auf dem Abstellgleis gestanden hat (unpassende Metapher!), war, dass ich mich mit mir selbst nicht darauf einigen konnte, in welcher Segelstellung ich sie zeigen wollte. Jetzt ist meine im Maßstab und in der Epoche passende Hafenanlage (Mittelmeer, 18. Jahrhundert) als Argument hinzugekommen, das Schiff mit geborgenen Segel und herabgelassenen Ruten zu zeigen. Dennoch besteht weiterhin die die Möglichkeit, das Schiff in einer dynamischen Segelposition (auf hoher Styrodur-See) zu zeigen. Tatsächlich ist es nicht allzu schwierig, eine Rute mit geborgenem Segel ohne allzu großen Aufwand gegen eine Rute mit Segel auszutauschen. Schließlich hängen die Ruten nur mit einem Knebel im Fall! Ich versuche einmal, das ein wenig zu verdeutlichen:
Diese Schebecke segelt vor dem Wind. Die Fockrute steht dazu vor den Wanten/Pardunen, quasi quer wie eine Rahe. Das Großsegel ist geborgen, um dem Focksegel nicht den Wind zu nehmen. Dazu musste die Rute auf Deck gefiert werden. Das Besansegel steht ebenfalls quer vor dem Mast, aber spiegelverkehrt zum Focksegel, und hilft beim Steuern.
Die Hafenposition, alle Ruten sind gefiert. Um beide Varianten am Modell darstellen zu können, brauche ich zwei Versionen der Fockrute, einmal mit geborgenem, einmal mit gesetztem Segel. Dasselbe gilt für den Besan. Ich weiß, das ist ein anspruchsvolles Projekt, aber man soll ja an seinen Aufgaben wachsen. Schmidt PS. Der komplette Baubericht seit 2015 ist im Wettringer Modellbauforum nachzulesen.
Zur Illustration: So möchte ich das Modell zeigen, vor starkem, achterlichem Wind segelnd. Interessantes Detail: Das Focksegel ist „gerefft", indem es im oberen Bereich an die Rute gebunden ist. Oder sehe ich das falsch? Dazu müsste entweder jemand auf die Rute klettern, oder das Segel wird an Deck gefiert. Ich denke, es ist klar zu sehen, dass es vor dem Fockmast und vor den "Wanten" gefahren wird, um ordentlich quer stehen zu können. Man bekommt auf diese Art und Weise vielleicht einen Eindruck davon, dass es kein Zuckerschlecken war, eine Schebecke zu segeln, wenn man bei Kurswechseln die Position der Segel verändern wollte.
Dieselbe Abbildung habe ich anderswo noch mal gefunden, da hat die Schebecke erstaunlicherweise den Besitzer gewechselt. Nichts Neues unter der Sonne: Geistiges Eigentum wurde immer schon geklaut.
Das folgende Foto zeigt den Arbeitsstand für die segelnde Variante. Links Segelstoff für das Großsegel, im Handel so gekauft. Da der Stoff nur von einer Seite bedruckt ist, soll er das locker aufgetuchte Großsegel darstellen. Es sollte gelingen, dabei nur die bedruckte Seite sichtbar sein zu lassen. Rechts das Focksegel-Material. In der Mitte neu abgegossene Ruten. Es ist mir vor fünf Jahren gelungen, Formen der sehr massiven Bausatz-Ruten herzustellen. Sowohl der Formenbau als auch der Vorgang des Abgießens sind ein bisschen tricky, aber der Aufwand hat sich gelohnt, denn die Abgüsse sind sehr viel formbarer als die Originalteile und lassen sich problemlos in eine sanfte Biegung bringen.
Abschließend noch zwei Fotos vom Herstellungsprozess der Focksegel-Materials. Ich habe dünnen Stoff auf Pappe gespannt, abgeklebt und dann mit der Airbrush gefärbt. War ein Versuch. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn die ziemlich stark verdünnte Farbe sich unter die Abklebungen hindurch gemogelt hätte. Hat sie aber nicht, vielleicht weil ich in sehr vielen dünnen Lagen gesprayt habe, die sehr schnell abgetrocknet sind, praktisch beim Berühren des Stoffes.
Das mit dem teilweise gerefftem Focksegel sehe ich auf den (kopierten) Gemälden, wundere mich aber! Das müsste doch zu irrem Faltenwurf führen, oder nicht?
In jedem Fall aber ein spannendes Projekt, da schau wieder gerne zu und wünsche viel Spaß!
Auf dem ersten Bild (dem Original?) sieht das für mich auch unwahrscheinlich aus. Auf dem zweiten hat der Maler/Zeichner den „unharmonischen“ Faltenwurf meines Erachtens angedeutet. Ich meine sogar die Reffbändsel zu erkennen. Schmidt
Ich meine, diese Art der Segelverkürzung auch auf anderen Abbildungen gesehen zu haben und bei arabischen Booten. Bei den (größeren) Dauen robb(t)en die Seeleute entlang der gesetzten Rute - die Leute der Seeberufsgenossenschaften würden das mit schreckgeweiteten Augen betrachten.
Ansonsten ist dieses Werk eine nützliche Quelle für die Handhabung der Latein-Besegelung:
VENCE, J. (1897): Construction & manœuvre des bateaux & embarcations à voilure latine.- 139 p., Paris (Augustin Challamel Editeur, reprint Editios Omega, Nice).
Die BnF (Gallica) scheint ein Digitalisat zu haben, deren Server ist aber momentan wegen Wartungsarbeiten nicht erreichbar.
Aus Clifford W. Hawkins THE DHOW, 1977 Edita Lausanne:
Compagnon
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Eindrucksvolle Bilder von einer Arbeit, die keinen Fehltritt erlaubt. Vielen Dank fürs Zeigen.
Heute habe ich in der berühmten Viertelstunde, die wir alle unserem vollgestopften Leben abringen, um ein bisschen basteln zu dürfen, etwas zumindest für mich besonders Wichtiges gemacht. Ich habe das stehende Gut (das bekanntlich an einer Schebecke kein stehendes ist) mit stark verdünnter dunkelbraune Ölfarbe getränkt oder gestrichen. Schon vor vielen Jahren ist mir aufgefallen, dass man mit dieser Maßnahme dem Tauwerk, wie soll ich sagen: mehr Authentizität verschaffen. Die Attraktion der hellen Striche wird stark gemindert, die gesamte Takelage wird durchsichtiger. Auf den Blöcken tut die Behandlung mit der Ölfarbe gut, sie gewinnen mehr Plastizität. Leider kann man die Ergebnisse nur sehr schlecht fotografieren. Und sicher entsprechen sie auch nicht den ästhetischen Maßstäben manch anderen Modellbauers. Für mich ist es allerdings eine der Maßnahmen, die so ein kleines Modell aus Plastik, Farbe und Schnüren zum Leben erwecken. Vielleicht vermittelt ja das ein oder andere der folgenden Fotos zumindest einen gewissen Eindruck von dem, was ich hier sage.
Ich wiederhole mich vielleicht, doch es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, wie diese Modelle aus Plastik wirken, als hätten sie Wind und Wetter jahrzehntelang getrotzt.
Viele Grüße Johann
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" Erich Kästner
Ich hatte in den letzten Wochen einige lange, sehr lange Autofahrten zu absolvieren (unter anderem 4 Stunden Stau vor dem Gotthard-Tunnel) und insbesondere während dieser Zeit ausreichend Muße, über ein Problem nachzudenken, an dem ich schon seit langer Zeit herumknabbere wie ein Eichhörnchen an einer melonengroßen Nuss. Worum geht es? Ich möchte das Großsegel der Schebecke im geborgenen Zustand an der gefierten Rute darstellen. Im Grunde kein Problem, außer vielleicht dem, dass mein Gordinator nicht groß genug ist, um die mächtige Rute darin einzuspannen. (Gordinator = selbstgebautes Hilfsmittel zur Herstellung von geborgenen Segeln) Genug Tempotuch dürfte hingegen aufzutreiben sein.
Aber jetzt der Knackpunkt: Die Segel haben alle rote Streifen. Das Focksegel habe ich hergestellt, indem ich besagte Streifen mit der Airbrush auf ein Stück sehr dünnen Stoff aufgebracht habe. Von diesem Material könnte ich mehr herstellen. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass man Stoff, wie dünn er auch sein mag, nicht so zusammendrücken oder bauschen kann, dass es realistisch aussieht.
Was tun? Ein geborgenes Segel aus Tempotuch herstellen und dann die Streifen darauf malen? Im Prinzip denkbar. Man muss dann aber beachten, dass die Streifen nicht wie Ringe um das geborgenen Segel herumlaufen dürfen. Man müsste also improvisieren, hier einen Streifen in der Falte verschwinden, an anderer Stelle wieder auftauchen lassen. Möglich, aber ich fürchte, dass ich Stunden damit zubringen würde und möglicherweise den ganzen Vorgang mehrfach wiederholen müsste, bis mir das Ergebnis gefällt.
Also habe ich mir in einen der Staus folgendes ausgedacht: Ich färbe ein Tempotuch mit der Airbrush in Rot. Dann schneide ich es in schmale Streifen. Dann breite ich auf einer Glasscheibe Tempotuch in der entsprechenden Größe aus und tränke es mit dem üblichen Leim-Wasser-Gemisch. Schließlich lege ich die Streifen parallel auf und befestige sie ebenfalls durch Überstreichen mit dem Leimwasser. Dann bausche ich das so hergestellte Arrangements dergestalt, dass nur die mit den Streifen bedeckte Seite sichtbar bleibt, und binde das geborgene/gebauschte Segel unter die Rute.
Aber: „Grau ist alle Theorie, entscheidend ist auf’m Arbeitsplatz.“
Ehrlich gesagt, die meiste Zeit habe ich gedacht: Das ist das Spinnertste, das ich mir je ausgedacht habe. Aber es kostet kein Geld und vielleicht eine halbe Stunde Lebenszeit, die ich ansonsten womöglich auch nicht sinnvoller verbracht hätte.
Here we go! Man beachte die höchst professionelle Rutenhalterung aus Styrodur, in Sekundenschnelle hergestellt mit meinem neuen Lieblingswerkzeug, dem Thermocut von Proxxon.
Ich war auch ganz zufrieden mit dem Ergebnis, aber leider habe ich die Rechnung ohne meine beginnende Vergesslichkeit gemacht. Tatsächlich musste mich erst das Durchsehen alter Fotos darauf aufmerksam machen, dass ich einmal einen blaugestreiften Stoff gekauft habe, der dafür vorgesehen war das aufgetuchte für Großsegel darzustellen. Für ein gesetztes Segel taugt er nicht, da er einseitig bedruckt ist. Die Streifen scheinen zwar an der Rückseite durch, aber das trübte doch den Gesamteindruck. Ich hatte oben schon einmal geschrieben, dass ich daran zweifelte, ein echter Stoff könnte sich in glaubwürdige Falten und Bauschen legen. Versucht hatte ich es allerdings nie! Jetzt habe ich das nachgeholt, schließlich besitze ich mittlerweile einen zweiten Satz Ruten, um solche Versuche durchführen zu können. Ich habe den Stoff vorher eingeweicht, und siehe da: Das Ergebnis war längst nicht so schlecht, wie ich es erwartet hatte. Vielleicht ist es sogar ganz gut. Seht selbst:
Das Stoffsegel hat den Vorteil, dem gesetzten Focksegel materialmäßig ähnlicher zu sehen. Die Segel in verschiedenen Farben zu gestalten, bringt mehr Abwechslung in das Bild. Aber letzten Endes bleibt es wohl eine Geschmacksfrage.
Da die ganze Takelage noch grob und behelfsmäßig ist, kann ich nach Lust und Laune verschiedene Segelstellungen improvisieren. Unten einmal die Rute des Großmastes in „Bearbeitungsposition“, ein andermal wieder hochgezogen, wohl damit sie auf Deck weniger stört. Für beide Varianten habe ich historische Abbildungen und aktuelle Modellnachbauten als Vorbilder gefunden.
Wer ist für blau, wer ist für rot? Und damit verbunden die Frage: Soll ich auch das Sonnensegel über dem Heck anbringen, und wenn ja, in welcher Farbe?
Ich habe mich noch einmal den Ruten gewidmet. Sie sind sehr schön gestaltet, die Taue, mit denen die beiden Teile zusammengehalten werden, sind bereits vorhanden. Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich sie abgeschliffen und durch eine Wicklung aus Garn ersetzt, aber da ich mittlerweile festgestellt habe, dass solche Unterschiede auf den Fotos gar nicht mehr auszumachen sind, sehe ich heute davon. Spart auch Lebenszeit. Die Taufverbindungen habe ich allerdings farblich etwas abgesetzt, wenngleich ich vermute, dass das Tau sich beim Original der Holzfarbe stark angeglichen hat. Aber so sieht es, zumindest in meinen Augen besser aus.
Es folgt ein Versuch mit dem blaugestreiften Stoff als Sonnensegel. Obwohl ich ihn mit Leimwasser bis zur Aufnahmefähigkeit getränkt und dann in der Sonne habe trocknen lassen, wird das Ergebnis für mich eher so, als hätte man einen besonders steifen Teppich über die Sonnensegelstützen gelegt. Da war die Variante mit bemaltem Tempotuch, die ich vor fünf Jahren hergestellt hatte, deutlich überzeugender.
Und nun galt es, neues Segelmaterial herzustellen. Vor fünf Jahren hatte ich die Abklebung noch auf einer improvisierten Leuchtplatte vorgenommen. Jetzt wollte ich mir natürlich unbedingt beweisen, dass ich in den fünf Jahren schlauer geworden bin. Also habe ich den Stoff auf eine Pappe geklebt und eins neben dem anderen 6 mm breite Streifen Klebeband, nun ja, aufgeklebt. Anschließend habe ich jedes zweite Band wieder abgezogen. Auf diese Art und Weise bekam ich ohne großes Ausmessen ein doch ziemlich regelmäßiges Muster.
Dann folgte der heikelste Teil, die Lackierung mit der Airbrush: Revell Nummer 153, stark verdünnt, gesprüht aus etwas größerem Abstand, zuerst in mehreren dünnen Lagen, dann noch einmal genauso nach einer längeren Trocknungsphase. Dabei habe ich den Karton gespannt, damit sich die Klebestreifen noch stärker auf den Stoff drückten. Das war mehr oder weniger eine Improvisation, aber es bleibt einfach schwierig, ein Stück Stoff trotz der vielen Verklebungen stramm und straff zu halten. Heute Morgen dann der mit Spannung erwartete Moment.
Große Teile sind nahezu makellos. Nur in einem Bereich am Rand häufen sich die Fehler. Hier hat sich der Stoff zu stark gewellt, und die Farbe ist unter das Klebeband gewirbelt.
Aber das einwandfreie Material scheint auszureichen.
Vorausgesetzt natürlich, ich bekomme die Rückseite genauso gut hin.