Tja und die kleine Dicke mit den Streifen wo schlank machen sitzt immer noch im Womo fest. Trotzdem gibt es aber immer genug Victory für mich zu tun.
Schon bei den letzten beiden Ausstellungen hat mir sehr das 1910er Modell gefehlt, da ich ja gerne die Entwicklungen am Schiff zeige. Zeit mal wieder nach meiner victorianischen schwarz-weißen Schönheit zu schauen. Die erste Bauphase war Januar bis März 2022. Also auch schon wieder 2 Jahre her.
Kurzer Rückblick: Nach dem Abschleifen und Auffüttern der ganzen Bordwand um eine glatte Ebene zu bekommen sah die Gute ja erst ganz zerfledert aus.
Die Gnade der Farbe brachte dann aber doch wieder etwas Anstand und Würde zurück.
Doch in diesem Zustand habe ich dann eines realisiert: Durch viel Klebstoff und Autospachtel hatten sich die Rumpfhälften doch ein ganzes Stück nach außen verzogen, backbords 2 mm und steuerbords 6 mm :-0
Dann war erst ein mal Frust angesagt, aber auch die Erkenntnis, lass das Material mal in Ruhe ausarbeiten, mal sehen ob das noch was wird.
Und ich glaube, das wird noch was. Die Gute wurde aus ihrem Dornröschenschlaf erlöst und mal gründlich gecheckt. Verformung wurde nicht mehr stärker. Es wird aber einiges an Biegekraft kosten, ich denke aber, dass die Decks dies schaffen können, notfalls mit etwas interner Hilfe. Das kömmt dann aber erst wenn es so weit ist. Warum?
Die Decks kann ich erst einsetzen, wenn die Fensterscheiben eingesetzt sind. Die Fensterscheiben kann ich erst einsetzen, wenn außen gemalt ist. Und außen malen kann ich erst, wenn die Planken angebracht sind. Also hieß es sich um die Planken kümmern.
Früher hatte ich gerne 0,2 mm ABS-Sheet genommen, aber der Plastikkleber hat gerne zu Fingerabdrücken geführt. Holz war mir hierfür zu dick und zu aufwändig in der Materialbeschaffung. Deswegen mal wieder in befreundeten Modellbauerkreisen gewildert und bei den Kartonisten fündig geworden: 250 Gramm Papier/Karton.
Erste Tests waren recht inspirierend.
Im Original waren zur Farbtrennung Leisten in zwei Stärken aufgenagelt. Diese habe ich aus Evergreen gemacht, wobei ich sie aus Handlingsgründen leicht stärker genommen habe.
Also Planken auf der Schlagschere geschnitten ...
... und den Leimtopf geöffnet.
Erste Planken angeklatscht ...
... und auch das konnte mich nicht weiter abschrecken ;-)
Und irgendwann war dann die Backbordhälfte geplankt, unter absichtlicher Missachtung aller Plankierungsschemata.
Und falls nochmals jemand meint, die heute sichtbare Eingangspforte sei original, nein die heute zu sehende Pforte stammt aus diesem Bauzustand und wurde zwischen 1820 und 1828 im Schiff eingebaut. Und zwar eine Pforte weiter hinten als beim Neubau. Und diese Pfortenteile wurden 1920 einfach eine Pforte weiter vorne wieder eingebaut und als Trafalgar deklariert. Honi soit qui mal y pense.
Zum Glück habe ich die Teile schon seit Längerem in meinem Zurüstteilesatz, so musste ich nur zugreifen.
Für mich als Plastikant war das enge planken um das Heck natürlich was Neues. Muss noch etwas aufkäumen, dann passt das.
Und ich weiß nicht, warum mir bei nächsten Bild einige wohlbekannet Zeilen einfielen ...
„Darunter lag für alle sichtbar ein riesiges Raumschiff, hundertfünfzig Meter lang, wie ein glatter Turnschuh geformt, schneeweiß und zum Verrücktwerden schön. In seinem Herzen lag unsichtbar ein kleines goldenes Kästchen, das die raffinierteste Erfindung enthielt, die je gemacht wurde, eine Erfindung, die dieses Raumschiff zu etwas Einzigartigem in der Geschichte der Galaxis machte, eine Erfindung, die dem Raumschiff seinen Namen gab – »Herz aus Gold«.“
Donnerwetter! Da arbeitest du in letzter Zeit schon nicht mehr im Millimeterbereich, sondern im Hundertstelmillimeterbereich, und dann plötzlich so ein materialintensiver Großeinsatz. Ich vermute mal, 250 g Papier ist ziemlich widerstandsfest und fusselfrei. Ich habe schon oft über die Verwendung dieses Materials nachgedacht, hatte aber immer wieder die Sorge, nicht mehr schleifen zu können, falls das einmal nötig ist. Bei einer schwarz-weiß Lackierung steht das ja vermutlich nicht zu erwarten. Bin sehr gespannt auf deine künftigen Erfahrungen mit diesem Material. Schmidt
Man kann Papier schon schleifen, wenn man aus ihm eine Art Verbundwerkstoff kreiert, indem man es in Lack oder auch Sekundenkleber tränkt. Gegebenenfalls muß man jeweils nach etwas Schleifen wieder nachtränken. Ich behandele so meine lasergeschnittenen Teile aus Papier.
Man muss gar nicht tränken, schon die erste Schicht FArbe aus der Dose und das Papier ist schleifbar :-)
Durch die Dose hatte ich bisher auch keine Aufwellungen im Pappier. Und ein erste Schicht Grundierung ist auch insofern gut, da an den Plankenstößen selbst das zaghafte Tamya Abdeckband die oberste Papierschicht abreißen kann. Nach demersten Spraygang ist das dann bisher nicht mehr passiert.
Dort wo das Papier aufgerissen wurde, ließ es sich mit einem angeschrägten Schaschlickspieß aber wieder glätten, bzw. nach dem Spritzen mit dem Schleifschwamm einebnen.
Eher auffällig sind die Höhen-/Dickenunterschiede der Planken, ich nehme an durch verschiedenen Klebstoffauftrag. Kann man halt nicht wie Holz nachträglich planschleifen. Für meinen Zweck des schon recht runtergekommenen Schiffes um 1910 aber ganz passend.
Wenn man das Papier in einem Lack tränkt, der auf organischen Lösungsmitteln basiert und dann den gleichen Lack zum Aufkleben der Planken verwendet, hat man keine Probleme mit der unterschiedlichen Schichtdicke des 'Universalklebstoffes'. Ich verwende schnelltrocknenden Zaponlack, aber Schellacklösung ist auch gut (härter, braucht aber länger zum Trocknen, weil Alkohol schwererflüchtig ist, als die Lösungsmittel im Zaponlack).
Wenns mal läuft, dann läufts oder der Sieg der Ungeduld über modellbauerische Vorsicht.
Nachdem ich so weit war, wollte ich natürlich das Ganze auch mit Farbe sehen. Risiko da die Papierbeplankung doch recht empfindlich ist und ich die komplette andere Seite ja noch machen muss. Aber, aber, aber: Es musste einfach sein.
Die Trennleisten hatte ich ja etwas überdimensioniert, deswegen habe ich die dickere noch dünner geschliffen und die Kanten gebrochen. Tat dem Ganzen gut. Das Maskierband hab ich genommen, um die Papierplanken zu schützen. Hat gut funktioniert.
Nach der ersten weißen Sprayrunde über alles war ein angeschrägter Schaschlickspieß ideal um Körnchen und Unreinheiten rauszudrücken.
Dann mit Maskierungsband den weißen Streifen großzügig abgedeckt und die Profilleisten zum Formschneiden mit dem Skalpell verwendet, ging echt flugs. Dann schwarzes Spray und die Maskierung runtergemacht und einfach: FREUDE! Hat funktioniert.
Das erste Größenmuster der Rigols hingehängt.
Sehr prägnant sind am zeitgenössischen Rumpf die vielen Anbauten, hier die Fallrohre, wahrscheinlich Sanitär.
Aber mit etwas Farbe fügen sie sich schon so in das Gesamtkunstwerk ein, dass man denkt, die waren schon immer so da ;-)
Einige Fensterpforten worden im Laufe der Zeiten zugeplankt. Damit das immer noch sehr wehrhaft aussieht ...
... wurden die fehlenden Fenster einfach aufgemalt. Honi soit qui mal y pense.
Auch die Artillerie hat ihren Weg zur Passprobe gefunden. Vorne die drei Signalkanonen für den Salut, darüber kurze 12-Pfünder aus dubiosen historischen Beständen ...
... und mittschiffs die historischen Trafalgargeschütze – bzw. das, was man damals dafür hielt ;-)
Und bevor die Fragen kommen, ja, die Rohre saßen damals tatsächlich am unteren Rahmen auf. Unsachgemäß ausgeführte Änderungen in den Pfortendimensionen und falsche Lafetten halt ...
Druckteile müssen nicht immer nur spektakulär sein.
Auch bei kleinen Halbzeugen kann der Resinverhärter gute Dienste leisten für alles, was man mehrfach benötigt, wie hier der kleine Keil am Achtersteven, um den Spalt zum Ruder fachmännisch zu minimieren.
Auch die erste Runde Geschütze wurde nochmals angepasst. Die Stellprobe ergab mit Vergleichsbildern, dass die Geschützlängen im mittleren Deck so einigermaßen passten, im Oberdeck aber zu lang waren.
Aber da ich schon dabei war, hab ich auch gleich die Signalgeschütze noch etwas aufgebohrt und den Tompions ein Mittelloch für den Augbolzen spendiert.